Was mache ich überhaupt in meiner Master Thesis - Die Einleitung
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Im Jahr 2012 betrug die Länge des Bundesautobahnennetzes in
Deutschland circa 12800 km. Seit dem Jahr 1991 ist dies ein Zuwachs von 2000 km. Betrachtet man das gesamte Straßennetz der
überörtlichen Straßen in Deutschland, so stieg die Gesamtlänge von
226300 km im Jahre 1991 auf derzeit 230701 km.
In Österreich ist die Tendenz ähnlich, dort stieg das Bundesstraßennetz (bestehend
aus Autobahnen und Schnellstraßen) von 1778 km (1990) auf 2186 km im
Jahr 2012 .
Dies sind beeindruckende Zahlen, und auch ein Blick auf
Karten offenbart eine feinmaschige und effiziente Vernetzung der Landesflächen
durch Verkehrswege. Straßen sind ein, heute als selbstverständlich
wahrgenommenes, Hilfsmittel zum Zwecke der Ortsveränderung, das der Mensch im
Laufe seiner Entwicklung immer umfassender nutzte und nach seinen Bedürfnissen
weiter ausbaute. Bereits in der Antike existierten feste Handelswege, zunächst
um Güter verschiedenster Art von einem Ort zu einem anderen zu transportieren.
Bald führte auch der militärische Aspekt zum Ausbau von Verkehrswegen, als die
Römer befestigte Straßen bauten, um schnelle Truppenbewegungen zu ermöglichen.
Die Preußen taten es ihnen im 18. Jahrhundert durch den Bau von langen,
geradlinigen Straßen nach. Im Industriezeitalter des 18. und 19. Jahrhunderts
wurde massiv in den Ausbau von Straßen und Schienen investiert, und mit der
Erfindung von Eisenbahn und Automobil wurde diese Entwicklung forciert. Unter
Mobilitätsaspekten mag dies begrüßenswert erscheinen, doch hat diese
Entwicklung auch eine Kehrseite, die lange Zeit vernachlässigt oder doch
übersehen wurde.
Seit jeher bedeutet der Straßen- und
Verkehrswegebau auch einen kulturellen Einschnitt in die Natur. Erst in den
letzten Jahrzehnten bildete sich ein Grundverständnis für den Eingriff in den
Naturhaushalt, die Erhaltung der Biodiversität sowie für die Verzahnung von
Kultur und Natur, während die Konsequenzen für die Natur zur Zeit der
industriellen Revolution und des postindustriellen Zeitalters nicht im Fokus
des Interesses standen. Zudem machten das Aussterben von Tierarten und die
fortschreitende Umweltverschmutzung den sensibleren Umgang mit künstlichen
Einschnitten in Naturräume notwendig.
Denn in dem Maß, in dem sich die
Bewegungsmöglichkeiten der Menschen durch Straßen und Wege verbessern, werden die
lokalen Tierpopulationen sowie deren weiträumige Bewegungs- und
Wanderungsmöglichkeit eingeschränkt. Vor allem Tiergruppen, die große
Lebensräume beanspruchen, sind von der zunehmenden Zerschneidung der Landschaft
durch Verkehrswege betroffen. Ihr Lebensraum oder Habitat, so bezeichnet unter
anderem die Lebensstätte einer Tier- oder Pflanzenart,
unterliegt durch den fortschreitenden Grad der Versiegelung von Flächen großen
Einschränkungen.
Die Belange der Natur spielen heute bei der
Planung von neuen Verkehrswegen eine nicht unbedeutende Rolle, und auch beim
Ausbau existierender Straßen werden Umweltschutzaspekte stärker berücksichtigt.
So wurde im Jahr 2012 durch das Bundeskabinett das ‘Bundesprogramm Wiedervernetzung‘
beschlossen, dessen zentraler Inhalt ein Investitionsprogramm für den Bau von
Querungshilfen - also Bauwerken, die eine Straße über- oder unterführen - im
Bestand des Bundesfernstraßennetzes vorsieht, um die durch das überörtliche
Straßennetz zerschnittenen Lebensraumkorridore wieder miteinander zu verbinden.
Ferner fordert das deutsche
Bundesnaturschutzgesetz einen Aufbau von Biotopverbundflächen, also Netze
verbundener Biotope (Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege, Bundesnaturschutzgesetz
vom 29. Juli 2009 [BGBl. I S. 2542], das zuletzt durch Artikel 2 Absatz 24
des Gesetzes vom 6. Juni 2013 [BGBl. I S. 1482] geändert worden ist,
insbesondere Kapitel 4, Abschnitt 1). Dabei dient ein Biotopverbund „der dauerhaften Sicherung einer Populationen
wild lebender Tiere und Pflanzen einschließlich ihrer Lebensstätten, Biotope
und Lebensgemeinschaften sowie der Bewahrung, Wiederherstellung und Entwicklung
funktionsfähiger ökologischer Wechselbeziehungen“ (§ 21 Abs. 1 S. 1 Bundesnaturschutzgesetz).
Im europäischen Kontext verlangt die
Fauna-Flora-Habitat Richtlinie der europäischen Union (Richtlinie 92/43/EWG des
Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der
wildlebenden Tiere und Pflanzen) die Schaffung eines Netzes zusammenhängender
Schutzgebiete unter der Bezeichnung ‘Natura 2000‘. Diese wurde mit der
Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes 1998 in Deutschland umgesetzt.
Diese beispielhaft aufgeführten legislativen und
administrativen Maßnahmen versuchen die Konsequenzen der Verkehrswege für die
Natur einzudämmen oder zumindest, auf sie zu reagieren. Werden Tierlebensräume
durch Eingrenzung oder andere Umwelteinflüsse verändert, hat dies unmittelbar
Auswirkungen auf die darin lebende Population. Augenscheinlich sind Habitatsveränderungen
wie Flächenverlust und Flächenzerschneidung. Aber auch Faktoren wie Abgas- und
Lärmemissionen sowie, bezogen auf Verkehrswege, die veränderten Untergrundverhältnisse
und fehlenden Deckungsmöglichkeiten im Umfeld einer Straße machen es für Tiere
schwer oder gar unmöglich, eine Straße zu queren und somit ihren natürlich
notwendigen Lebensraum über die künstliche Barriere ‘Straße‘ hinweg zu erhalten
oder ihn zu vergrößern. Als Folge daraus reduzieren sich ihre Lebensraumflächen
und es entstehen kleine, isolierte Areale. Dieser Prozess wird als Landschaftszerschneidung
bezeichnet.
Die durch die Zerschneidung entstehenden einzelnen
Flächen sind oft zu klein, um die lokale Population zu erhalten. Die
Nahrungssuche wird durch die räumliche Eingrenzung erschwert, Artenwachstum und
ein genetischer Austausch sind kaum mehr möglich. Generell gilt, dass isolierte
Teilpopulationen stärker vom Aussterben bedroht sind als großräumig vernetzte Populationen,
die sog. Metapopulationen. Die Zuwanderung aus anderen Populationen ist wichtig,
um Inzucht und eine genetische Verarmung innerhalb einer Teilpopulation zu
vermeiden.
Es ist also notwendig, Tierpopulationen eine ausreichende
Bewegungsmöglichkeit zu gewährleisten. Gerade in Gebieten, in denen
Lebensraumkorridore, also Verbindungswege zwischen Lebensräumen, Verkehrswege
kreuzen, ist es erforderlich, Populationen die Möglichkeit zu bieten, die
Barrieren in adäquater Qualität und Quantität zu überwinden. Die Trennwirkung
bzw. Durchlässigkeit einer Barriere ‘Straße‘ ist von
folgenden Parametern abhängig:
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Zahl der Fahrzeuge
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Straßenbreite
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Zäunung entlang der Straße / Barrieren
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Zahl möglicher Querungsbauwerke
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Gestaltung der Verkehrsnebenflächen