29. Januar 2011
Geoinformation und Datenschutz
„Wenn ich mir dem Auto durch die Stadt fahre, sehe ich auch Häuserfassaden. Was macht es für einen Unterschied, ob ich dafür vor Ort bin oder irgendwo in der Welt oder drei Häuserzeilen weiter vor einem Bildschirm sitze.“
Es gehr um Google Street View und die Aussage stammt aus einer Umfrage über Datenschutz und Privatsphäre. Die Person, die diese Antwort gab, ist um die 30 Jahre alt und die Antwort beispielhaft für die Befragten dieser Altersgruppe.
Seitdem sich die technischen Möglichkeiten des Internets und seiner Infrastruktur immer mehr einem Idealzustand nähern, ändert sich der Umgang mit (Geo)Informationen im täglichen Leben. Das Übertragen von größeren Bilddaten oder Bewegtbildern, das bereitstellen von Echtzeitstreams sowie die immer weiter wachsenden Verfügbarkeiten von Hochgeschwindigkeitsanschlüssen im stationären als auch im mobilen Sektor lassen uns immer mehr Informationen zukommen. Überall und zu jeder Zeit.
Ging man vor ein paar Jahren noch online, so ist man jetzt online.
Und man möchte die verfügbaren Informationen für sich nutzen: Wie umfahre ich diesen Stau? Wo ist der nächste Pizzaladen? Welches Gebäude fotografiere ich gerade?
Informationen, die von Personen oder Unternehmen gesammelt und der Öffentlichkeit ungefragt und ungefiltert bereitgestellt werden.
Vor ein paar Jahren gab es eine kurze Diskussion über das Installieren von Webcams an öffentlichen Plätzen und dem Übertragen ihrer Daten im Internet in nahezu Echtzeit. Dürfen die das, darf jeder auf der Welt sehen und wissen, wo ich mich im Augenblick befinde?
75% der Befragten sehen Übertragungen von Webcams oder Real time Satellitenaufnahmen nach wie vor kritisch. Luftbildaufnahmen, Frontal- oder Schrägaufnahmen dagegen werden in Onlineportalen akzeptiert, so ein anderes Ergebnis der Umfrage „Geoinformationen und Datensicherheit“.
Die Diskussion um Google Street View ist also scheinbar keine und die großflächige Verpixelung von Gebäuden nur eine Reaktion auf das ungefragte Abfotografieren und nicht das Bestreben, etwas vor der Internetöffentlichkeit zu verbergen.
Wer darf was ohne meine Zustimmung über mich bzw. meine Privatangelegenheiten veröffentlichen?
Darf mein Garten im Internet zu sehen sein? Dürfen Google oder Facebook das?
Denn neben Google sehen sich auch soziale Netzwerke größerer Kritik ausgesetzt. Twitter und Facebook mit ihren „location-apps“, der Möglichkeit, Einträgen eine Ortsangabe hinzuzufügen bzw. automatisch den eigenen Aufenthaltsort mitzuteilen. Oder einfach nur die Tatsache, dass andere ungefiltert diese und andere personenbezogene Informationen verbreiten können.
Auf der anderen Seite ärgern wir uns, wenn just das nächstes Urlaubshotel in Google Street View nicht sichtbar ist, weil der entsprechende Stadtviertel noch nicht mit Fassadenfotografien und walk-through Ansichten abgedeckt ist.
Und noch einen anderen Aspekt gilt es zu bedenken:
Ist es nicht hilfreich oder gar zwingend notwendig, dass Katastrophenhelfer bzw. behördliche Institutionen im Allgemeinen hochaufgelöste Geoinformationen haben, um im Notfall schnell eingreifen zu können?
Ich denke ja, und stehe mit dieser Meinung nicht alleine. Vier von fünf Personen aus oben genannter Befragung würden danach einen Unterschied machen, wer personenbezogene Geodaten nutzen und auswerten darf.
Das Vertrauen in die Umsetzung von Datenschutzrichtlinien ist demnach gegenüber den behördlichen Institutionen höher als gegenüber privaten ausländischen Unternehmen.
Aber grundsätzlich überwiegt die Freude über die Nutzung von Geoinformation gegenüber den Bedenken.
Wenig überraschend ist ein weiteres Ergebnis der Befragung:
100% der unter 35 Jahren sind in sozialen Netzwerken aktiv. Von den über 50 jährigen niemand. Also ist die gesamte Debatte nur ein Generationenproblem?
Vielleicht, beleuchtet man das wie und warum, entdeckt man. denn überraschendes und klischeehaftes
Diejenigen, die sich in sozialen Netzwerken tummeln sind sich durchaus darüber bewusst, was und wem sie hier Dinge erzählen oder mitteilen. Naiv geht niemand mehr zur Sache. Man kennt die Sicherheitseinstellungen und weiß das Netzwerk als solches aufzufassen. Informationen teilen, sich natürlich auch präsentieren (aber dies in einem „gesunden“ Maß) aber sich nicht in Peinlichkeiten verstricken lassen, so der Grundtenor.
Womit man die Handlungen der anderen natürlich nicht oder nur bedingt beeinflussen kann.
Was, wenn jemand ein Foto von einem veröffentlicht und mit dem Namen taggt, was, wenn jemand online mitteilt, er hätte gerade den und den an diesem Ort gesehen.
Nun, wir alle bewegen uns im öffentlichen Raum, was früher nur das heimische Dorf durch Klatsch und Tratsch erfuhr, weiß heute die gesamte Welt. Schön ist das nicht, aber ändern oder gar abstellen kann und konnte man weder das eine noch das andere.
Ich habe einen Google Mail Account, ich hätte auch keine Sorgen, ein Android Mobiltelefon zu nutzen. Ich bin zwar nicht mit den Möglichkeiten des Internets aufgewachsen, aber ich lehne sie auch nicht kategorisch ab.
Ich habe gelernt, Netzwerke und Geodatenportale für mich zu nutzen anstatt sie mit persönlichen Daten und Informationen vollzuschreiben.
Weniger ist hier manchmal mehr.
Und was Google Street View oder andere Geodatenserver angeht: Ich habe zwar keinen Garten, und ob mein Auto am 25.4.2009 auf meinem Parkplatz stand, weiß auch der Postbote.
Aber der hat es vielleicht mittlerweile vergessen, das Internet nicht. Also kritisch bleiben, aber sich dabei nicht vom Fortschritt und von Entwicklungen ausschließen.